Mitteldeutsche Zeitung von Ingo Kugenbuch:
Digitalisierung und Zinstief setzen die deutschen Banken unter Druck. Vor wenigen Tagen trat nun die Commerzbank auf die Kostenbremse und sorgte für ein mediales Beben - das Geldhaus will 10.000 Stellen abbauen und die Hälfte seiner Filialen schließen. Die Coronapandemie bringt zusätzlichen Druck auf den ohnehin schon siedenden Kessel. Wie kommt die Harzer Volksbank durch die Krise? „Der erste Lockdown hat uns unvorbereitet getroffen“, sagt Bank-Vorstand Heino Oehring der MZ. Und offenbar auch zahlreiche Menschen, die sich bei der Bank Geld geliehen haben: „Viele Privatkunden wollten die Tilgung für ihren Kredit aussetzen“, sagt Oehring. „Das betraf mehrere Hundert.“ Die Bank habe diesen Wunsch erfüllen können. „Bis zum Beginn des zweiten Lockdowns im November konnten wir das fast vollständig zurückfahren“, sagt der Bank-Chef. Nur noch eine Hand voll der gut 58.000 Kunden sei auf eine Stundung ihrer Kredite angewiesen.
Bislang ist die Harzer Volksbank laut Oehring mit einem blauen Auge durch die Krise gegangen. „Wir hatten bis heute nicht geschlossen - nicht eine Filiale, nicht einen Tag“, sagt Oehring. „Wir sind sehr gut durch den ersten Lockdown gekommen.“ Natürlich wolle er auch seine Mitarbeiter schützen, aber eine Bank sei genauso systemrelevant wie etwa ein Lebensmittelhändler. Darum habe das Geldhaus mit seinen 144 Mitarbeitern und 20 Auszubildenden flexibel reagieren müssen, sagt Oehring. Obwohl keine Kurzarbeit angemeldet werden musste, habe man den angestellten Eltern die Möglichkeit gegeben, ihre Kinder, die nicht in die Schule oder Kita gehen durften, zu betreuen. Dafür habe ein Bank-Mitarbeiter dann eben zum Beispiel am Wochenende gearbeitet, sagt Oehring.
Obwohl das Privatkundengeschäft zurückgegangen sei, habe es gleichzeitig ein großes Bedürfnis der Volksbank-Kunden nach Beratung gegeben. So hätten die Menschen wissen wollen, was sie in Pandemiezeiten mit ihrem Geld anfangen sollen - schließlich sei die Sparquote der Bevölkerung im vergangenen Sommer von den üblichen 12 bis 13 Prozent auf mehr als 20 gestiegen. Zwar habe der Anteil der Beratungen per Computer und Telefon deutlich zugenommen, so Oehring, aber noch immer etwa die Hälfte der Kunden bevorzuge das persönliche Gespräch mit einem Bankberater. Für Geschäftskunden habe es zusätzliche Öffnungszeiten zur Beratung über die Förderprogramme der Bundesregierung und einen eigens dafür entwickelten Newsletter gegeben.
Der zweite Lockdown kam dann im Herbst zwar nicht unvorbereitet, aber heftiger als erwartet, sagt Oehring. Dennoch ist sein Geldhaus bislang glimpflich davongekommen. „Wir haben zwar nicht solch ein fantastisches Ergebnis wie vor eineinhalb Jahren“, sagt er. „Aber der Rückgang liegt nur bei etwa fünf Prozent.“ Mit einer ähnlichen Delle im Geschäftsergebnis - fünf bis zehn Prozent - müsse die Wirtschaft im Harz im Durchschnitt rechnen, sagt Oehring. In einigen Branchen müssten die Geschäftsleute allerdings mittlerweile an „Der erste Lockdown hat uns unvorbereitet getroffen.“ Heino Oehring Bank Vorstand die Grundreserven ihrer Familien gehen. Besonders betroffen seien der Einzelhandel, die Gastronomie sowie Veranstaltungs- und Beherbergungsbetriebe. „Manche von ihnen werden es leider nicht schaffen“, sagt Oehring. Dennoch schaut der Volksbank-Chef „sehr optimistisch“ in die Zukunft. „Ich gehe davon aus, dass uns die Pandemie bis Mitte des Jahres beschäftigt. Die Zinsen werden niedrig bleiben und die Aktienmärkte nach oben gehen.“ Zudem hofft Oehring auf einen „riesigen Nachholeffekt“ - etwa in der Reisebranche. „Ich glaube ganz fest an die Menschen“, sagt er. „Wir werden die Pandemie bezwingen.“